Allgemein

Unsere größten Erfolge – Ein Pirat im Rat 2014 – 2019

Was haben die Piraten im Stadtrat geleistet und vorzuweisen? Die Piraten waren in dem Fall Heinz Zell, gewählt als Stadtrat, Sandra Schwab, bürgerschaftliches Mitglied im Schulträgerausschuss und Roman Schmitt, ebenfalls bürgerschaftliches Mitglied, im Kulturausschuss. Und? Hat das was gebracht? Und wenn ja, wem? Diese Fragen wollen wir hier mal, kurz vor der nächsten Kommunalwahl, versuchen, zu beantworten. Da sich 5 Jahre nicht einfach in ein paar Sätzen zusammenfassen lassen und einige „Erfolge“ eher im clandestinen Bereich liegen und in der Vermittlung und Weitergabe von Wissen auf unseren offenen Stammtischen etc. Ausdruck fanden, beginnen wir mit unserem Wahlprogramm von 2014.

Was wollten wir da explizit und was fand eine Umsetzung? Vorweg schon mal: da fand einiges den Weg in Politik und Verwaltung. Aber nicht unbedingt durch gut gemachte Anträge und flammende von Vernunft und Redekunst getragene Vorträge. So läuft das nämlich in aller Regel nicht in den Stadtratssitzungen. Unser Piratenstadtrat, Heinz Zell, hat nämlich u.a. gelernt, dass 80% der Tagesordnungspunkte bereits in den Ausschüssen ausgeknobelt werden und die eigentliche Stadtratssitzung eher der Moderation ggü. der mehr oder weniger geneigten Öffentlichkeit, insbesondere der Presse, dient. Selbst wenn ein Antrag erst im Stadtrat erscheint, in aller Regel von einer kleineren Oppositionspartei, dann ist da allerlei im Vorfeld geschehen: Man fühlt bei anderen Oppositionsparteien nach wie die denn zu dem Thema stehen, schreibt eine Pressemeldung und: Bereitet sich mental auf eine Niederlage vor. Denn in aller Regel kommt kein Antrag der Opposition durch. Es sei denn:

a) Der Antrag ist so vernünftig und betrifft eine sog. Pflichtaufgabe der Stadt, sodass man als Große Koalition und Stadtvorstand sich entweder lächerlich macht, den Antrag nicht anzunehmen und die Empörung der Bürgerinnen und Bürger schon förmlich in den Ohren klingt. Das ist aber in den 5 Jahren höchstens 2 Mal vorgekommen, etwa als die FWG darauf hinwies, dass das Zuteilungssystem für Kita-Plätze äußerst verbesserungswürdig sei.

b) Das Thema / der Antrag so vernünftig ist, dass man sich lächerlich macht, wenn man es nicht annimmt, die Umsetzung aber Geld kosten würde bzw. die Verwaltung vor einige Hürden stellen würde und keiner, auch nicht die Antragssteller, weiß, wie man das jetzt machen soll. Dann wird der Antrag in einen geeigneten Ausschuss verschoben. Das Thema kommt dann irgendwann (manchmal auch gar nicht mehr) als Verwaltungsvorlage wieder. Dieser Fall ist der häufigste bei Anträgen der Opposition.

c) es handelt sich um einen „Prüfauftrag“, d.h. die Verwaltung möge „prüfen“, ob und wie ein Thema umgesetzt werden könnte. Der Vorteil hier ist, es kostet erst mal nichts, denn in dem Fall müsste man als Antragssteller sagen können, woher das Geld kommen soll – was so gut wie unmöglich ist aus der Ferne einer Oppositionspartei. Ein weiterer Vorteil ist, dass man einen kleine Erfolg mit dem Setzen eines Themas ggü. der Öffentlichkeit / Presse vorweisen kann und das Thema jetzt und fortan auf dem Tisch liegt.

Aber: Man kann als Stadtrat, als Fraktion und vermutlich auch als Verein, Organisation etc. Themen setzen, die dann auf dem ein oder anderen Weg ans Gehör der Obrigkeit in Verwaltung und Stadtvorstand dringen. Und da finden sich einige Themen, die wir uns als Erfolge mit Fug und Recht zuschreiben dürfen.

Also: Was stand im Programm und fand den Weg in die Ludwigshafener Realität?

Hier der Link zu unserem Programm von damals. Es folgen Auszüge, die wir als Erfolg verbuchen. Man kann zwar behaupten, dass das eine oder andere auch einfach mal so oder durch andere Parteien gekommen wäre – wir behaupten aber das Gegenteil und reklamieren es für uns – so läuft das ja wohl offensichtlich in der Politik. Bämm.

Die (mehr oder weniger) erfolgreichen Programmpunkte…:

… und es geht schon in der Einleitung mit unseren Grundsätzen los:

„Liebes Ludwigshafen,

die Erhaltung der Freiheitsrechte für alle Menschen durch politische Transparenz und die aktive Mitgestaltung der modernen Informations- und Wissensgesellschaft durch deren Einwohner sind die Kernanliegen der Piratenparteien weltweit und natürlich auch bei uns in Ludwigshafen. (…). Aktive Aufklärung und Transparenz sind auch bei der kommunalen Arbeit unsere politischen Leitideen.“

Unser Pirat im Rat hat sich einer Kernangelegenheit der Kommunalpolitik angenommen, nämlich der Organisation der Verwaltung und den Haushaltsdaten. Da unser Antrag zu einer Visualisierung des Haushalts und vorbereitend zu einer Veröffentlichung der Haushaltsdaten in digital-bearbeitbarer Form abgelehnt wurde (mit hanebüchener Begründung), hat er es ganz fleißig einfach selbst gemacht. Es liegen nun in digitaler (csv-Dateien) Form vor: Alle Haushaltsentwürfe seit in Kraft treten der sog. Doppik 2009, alle Jahresabschlüsse, eine Datei mit allen Produkten (Aufgaben / Dienstleistungen der Verwaltung) und eine Übersicht der Personalstärke von Ludwigshafen im Vergleich mit 20 Vergleichsstädten.

Zudem wurden anstehende Themen und Vorlagen im Stadtrat auf unseren Stammtischen präsentiert, diskutiert oder zumindest im Nachhinein vorgestellt, erklärt und es wurde von den Geschehnissen und Abstimmungen berichtet. Mit etwas mehr Hilfe können wir uns hier ggf. einem Idealzustand politischer Transparenz und fundierter Meinungsbildung annähern – ist ja eines unserer formalen Politikziele überhaupt.

Und weiter in der Einleitung hieß es damals (und heute):

„Die Piratenpartei möchte die Chancen der Digitalen Revolution nutzen und vor möglichen Gefahren warnen.“

– Unser Antrag ein Datenschutzbericht der Verwaltung zu veröffentlichen führte zu einiger Aufregung, der Antrag wurde unter großem Geschrei abgelehnt und zwar – Achtung – aus völlig widerstreitenden Argumenten: Die CDU behauptete, so etwas gäbe es ja schon, fände aus Gründen aber nur intern Verwendung. Das hätte man dann ja auch mal in nicht-öffentlicher Sitzung dem Stadtrat dann präsentieren können…. Die SPD behauptete, so etwas würde die Verwaltung überlasten, es entstünde ein bürokratisches Monster. Jeder Einfaltspinsel sieht, dass nur eine Sache stimmen kann. Egal. Abgelehnt. Trotzdem ein Erfolg, da der Heinz dabei viel gelernt hat bzw. hat lernen müssen…

Open Antrag:

„Open Antrag: „Open Antrag“ ist ein Konzept, das von der Piratenpartei bereits in 57 Parlamenten genutzt wird. Das grundlegende Prinzip ist einfach: Jeder kann sein Anliegen über die Website www.openantrag.de einbringen.“

Eines unserer Topthemen damals. Ludwigshafen bekam zügig nach der Wahl einen Zugang und konnte von allen interessierten Menschen genutzt werden. Doch der Erfolg hat mehrere Kratzer abbekommen, manche konnte man vorhersehen. Mittlerweile ist die Plattform auch eingestellt. Einerseits ging das Verfahren an der politischen Realität vorbei, denn es fehlt nicht nur an Ideen und Anregungen. Auch ein gangbarer weg der Umsetzung, Vorarbeiten aller Art und Überzeugungsarbeit und Koalitionen wollen erledigt und geschaffen werden. Es kam also kaum was rum. Und dann ging auch noch was bei der Überführung der Plattform in die Obhut der Bundespartei schief usw. usf. Die Idee war gut, ihrer Zeit allemal voraus und wird aber wieder in – hoffentlich – verbesserter Form von den Kommunalpiraten aufgegriffen und umgesetzt. Idealerweise mit Möglichkeiten der politischen Weiterbildung, d.h. mit Hinweisen, wie was funktioniert, wo die Ansprechpartner sind, welche rechtlichen Regelungen bei welchem Thema greifen usw. Also eher eine Angel, als ein Fisch soll es werden.

Streaming der Ratssitzungen

„Streaming (Live-Übertragung) der Ratssitzungen und Archivierung: Nicht alle politisch und gesellschaftlich interessierten Menschen haben Zeit für einen Besuch der Stadtratssitzungen. Um adäquate Einblicke in die Arbeit der Stadträte und des Stadtvorstands zu bekommen, fordert die Piratenpartei ein Live-Streaming der öffentlichen Ratssitzungen“

– Ab nächster Wahlperiode wird es das geben. Unser Pirat im Rat durfte tatsächlich mitwirken im „Arbeitskreis Digitale Ratsarbeit“ und jetzt kommt eben – da sich weitgehend alle einig waren und die Idee auf Wohlwollen der amtierenden OBin stieß – das Streaming aus dem Stadtrat, unterstützt durch den Offenen Kanal Ludwigshafen.

Offener Haushalt

„Offener Haushalt: Die zentrale Aufgabe des Stadtrats ist die Aufstellung und Debatte eines Haushalts. Dieser zentrale, politische Prozess entscheidet, welche Tätigkeiten die Stadt ausführen kann – und welche Leistungen nicht bereitgestellt werden können….“

– Wie oben schon beschrieben sind die Vorarbeiten durch die Piraten gemacht worden. Die Daten wurden an die Plattform bzw. die Aktivisten vom „Offenen Haushalt“ geschickt. Die haben aber aber gerade wie es aussieht einige Probleme, wie fast jede Organisation die sich nur auf freiwillige Arbeit stützen muss. Gemeinsam mit Interessierten aus Heidelberg vom Open Knowledge-Lab wollen wir aber einfach selbst für eine Visualisierung etc. sorgen. Selbst ist der Pirat.

Internetpräsenz ludwigshafen.de barrierefrei und mehrsprachig

„Eine Stadt, die regelmäßig die multikulturelle Zusammensetzung der Bevölkerung und die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts betont, muss wenigstens auch in Englisch, besser in mehreren Sprachen, verfügbar gemacht werden. Der jetzige Auftritt entspricht nicht den Möglichkeiten und auch nicht dem angestrebten Image der Stadt.“

– Das war unser erster Antrag, auf Anraten erfolgte er in der Form eines Prüfantrags. Dieser wurde tatsächlich, vermutlich als Willkommensgeschenk, angenommen. Erfolg. Oder auch nicht…. Denn passiert ist rein gar nichts. Auf Nachfrage wurde dann auf eine zweite Internetpräsenz, die sich an Asylsuchende richtet, verwiesen. Diese sei ja mehrsprachig. Dass das mit dem Prüfantrag nichts zu tun hat und es ja um ludwigshafen.de ging, spielt bis heute keine Rolle. Man hat sich einfach für ein provinzielles Dasein entschieden, in jeder noch so kleinen Form. So sad.

Freies Wlan

– „Freies W-LAN – aber richtig: …“

– Der Wille und taten waren da – Erfolg vorhanden, aber eher mau. Aufgeschreckt durch die damalige allseitige bundesweite Forderung nach freiem Wlan und einer Modernisierung der Stadtgesellschaft, gab es auch hierzu einen Antrag. Entgegnet wurde, dass ja die TWL ein Projekt habe, bestimmte Gebiete der Stadt mit Wlan-Zugang zu versorgen. Was daraus geworden ist, kann jeder selbst entscheiden. Wir haben gleich mal einen Freifunkrouter ins Büro der grünen gehängt. Immerhin am Ludwigsplatz. Und die Bahnhofsstraße hätte auch schon fast flächendeckend Freifunk, wenn nicht ein vorgeblich hilfsbereiter Freibeuter mit den teuren, von unserem Stadtrat privat finanzierten Außenantennen getürmt wäre. So sad. Aber bei dem Thema ist die letzte Messe noch nicht gelesen. Es bräuchte einfach wieder 2-3 Freiwillige…

Raum für Kunst

– „Mehr Raum für Kunst: Für Kulturschaffende ist Raum noch wichtiger als Geld. Gerade der Leerstand in der Innenstadt kann hier als Chance begriffen werden.“

– Jahre nachdem die Idee in anderen Städten Umsetzung fand, kamen die Entscheider in Sachen Stadtmarketing auch in LU auf die Idee. Siehe die temporäre Nutzung eines Ladens in der Ludwigsstraße und Anstrengungen in der Lisztstraße. War natürlich unsere Idee. Sollte weiter ernsthaft ausgebaut und genutzt werden.

Kulturvermittlung

– „Kulturvermittlung auch mit wenig Geld: Die schönen Künste dürfen kein Luxus sein. Die Piratenpartei setzt sich für eine Ausweitung des „Kulturparketts Rhein-Neckar“ auf Ludwigshafen ein.“

– Ein Antrag der Grünen im Rat, der Pirat mit aller Verve dabei. Check. Das ist auch eine gute Gelegenheit auf die aktive Mitarbeit in der Grünen Fraktion hinzuweisen. Es war ein Geben und nehmen. Der Heinz konnte viel lernen, etwa vom Landtagsurgestein Dr. Braun. Heinz leistete aber auch grünen Themen seinen Beitrag, sodass einiges, was hier nicht aufgeführt werden kann, durchaus Teile seiner Bemühungen darstellt.

Nachhaltigkeit

– hier dachten wir an Entwicklungen im ÖPNV, aber es ist etwas Anderes in Sachen Nachhaltigkeit mit Hilfe des Piraten auf den Weg gekommen, das wir so nicht auf dem Schirm hatten, aber aktiv mit voran gebracht haben mit Veranstaltungen und Arbeit hinter den Kulissen…:

– Ludwigshafen ist nun auf dem Weg eine Fair Trade Town zu werden. Was das bedeutet steht z.B. hier.

Radverkehr

– „Sukzessive Öffnung aller geeigneter Einbahnstraßen für Radfahrer und eine entsprechende Beschilderung.“

– Man soll es nicht glauben, aber die Zahl der für Radfahrer beidseitig befahrbaren Einbahnstraßen nimmt langsam aber stetig zu. Etwas schneller in letzter Zeit, da ja nun alle Parteien, auch die CDUSPD, den Radverkehr als Thema entdeckt haben. Leider eher um den Autoverkehr zu retten als aus grundsetzlicher Einsicht, wie manche behaupten, aber immerhin. Außerdem muss man zugeben, dass gerade der Innenstadtbereich aufgrund der letzten visionären Stadtentwicklungsstrategie komplett am Auto ausgerichtet war. Das – Achtung Wortwitz – Rad zurück zu drehen, ist da natürlich extra schwierig.

Innenstadtentwicklung

– „Kurzfristig, mit überschaubarem finanziellen Aufwand, können Teile des Bürgerservice‘ in ein leer stehendes Ladenlokal der Innenstadt ausgelagert werden. So kann eine neue Anlaufstelle und neuer Passantenfluss angeregt werden, der sich günstig auswirken kann.“

– Das ist unumstößlich unsere Vision gewesen bzw. unser sehr praktikabler Vorschlag, um in den Innenstadt für Bewegung zu sorgen. Die Verwaltung, die Obrigkeit und die Macher in Wirtschaft und Karnevalsvereinen haben hier eindeutig starke Anleihen genommen und die Sache beschleunigt wie sonst kaum etwas in Ludwigshafen. Nicht nur ist fast die ganze Verwaltung aus dem Rathausturm ausgezogen und hat sich in Büros vom Berliner bis zum Ludwigsplatz, in der Walzmühle und was weiß der Geier noch wo neue Büros angemietet (für ordentlich Geld per annum) sondern es kommt noch besser: Die TWL-Verwaltung, eine Tochter der Stadt, wird in die Bahnhofsstraße ziehen und die Pfalzwerke (auch auf interessante Weise mit der Stadt verbunden) zieht in die Wredestraße. Wenn das keine Belebung bringt, dann muss irgendwann doch noch die Hochschule umziehen. Ein grandioser Erfolg unserer Idee.

Wer eine Meinung haben will, braucht auch eine Ahnung – die Wissensvermittlung

Als bisher unpolitische Zeitgenossen müssen Piraten ja mit allerlei Realitätsschocks klar kommen, wenn sie es durch Geduld, Fleiß und Mühe doch mal in ein Parlament schaffen. Um diese Schocks in positive Energie umzumünzen, hilft auch mal eine Fortbildung. Unser Pirat Heinz Zell ist dann auch ziemlich rasch zur Kommunalakademie RLP geschwebt, um mehr über die verwaltungstechnischen und rechtlichen Hintergründe der Kommunalpolitik zu erfahren. Folgende Kurse hat er belegt, um im Nachgang das Wissen an geneigte andere Piraten weiterzugeben. Wissen vermehrt sich ja, wenn man es teilt:

  • – Der Kommunale Haushalt
  • – Rechnungsprüfung für Kommunalpolitiker
  • – Kommunales Baurecht
  • – Kommunaler Sozialer Wohnungsbau
  • – Kommunale Wirtschaftsförderung

Kurz und gut und zusammenfassend: Aus 0.8% der Wählerstimmen wurde in Ludwigshafen noch nie so viel gemacht. Weltrekord!